Vorweg
Rundschach – Schach auf einem runden Brett. Ich habe es kürzlich von lieben ehemaligen Kolleg*innen geschenkt bekommen. Vielen Dank nochmal! 😉 Die Faszination an dieser besonderen Schachvariante kann sicherlich ähnlich groß sein, wie die am orthodoxen Schach. Die früheren Schachspieler hatten viel Phantasie fürs Regelwerk. Mehr dazu im Folgenden.
Geschichte
Vor tausend Jahren
In fast tausend Jahren alten Chroniken findet man über Perser, Araber, Byzantiner und andere Leute, die Schach spielten, dass sie dem Spiel „verschiedene Formen, Bewegungen, Regeln“ gaben. Dabei sind auch „Besonderheiten und das Platzieren der Figuren auf einem kreisförmigen Brett“ beschrieben. In der Tat gibt es Quellen in der British Library u.a., wonach Rundschach bereits im 10. Jahrhundert n. Chr. In Persien gespielt wurde. Auch in Indien gibt es dazu Referenzen. […] Alles deutet darauf hin, dass die Schachbewegung persischen und arabischen Ursprungs ist und dann vom Byzantinischen Reich übernommen und gespielt wurde.
Revival des Rundschach
Historische Regeln sind in Quellen enthalten, die im Westen wenig bekannt sind, wie z. B. in Muhammad ibn Mahmud Amulis „Schatzkammer der Wissenschaften“. Als der Lincoln-Historiker David Reynolds 1983 auf einen Hinweis auf das Spiel stieß, das im Mittelalter gespielt wurde, fing er an, das Interesse daran wiederzubeleben. Er stellte daraufhin auch ein neues Regelwerk für Rundschach auf, das auf orthodoxem Schach basierte.
Seit damals sind aber auch die älteren Regeln des Rundschachs wieder weitaus bekannter geworden. Abu Faisal Sergio Tapia, internationaler und geopolitischer Analyst und Experte für den Nahen Osten, stellt fest, dass „Rundschach – in all seiner Schönheit, in all seinem Spielstil – die Kunst ist, die Teile darin auf strategischen Positionen zu platzieren“. Von Anfang an an zwei Fronten, und er drücke den „wahren Sinn der Perser und Araber der Schachzeit“ aus.
Philosophie
Es ist ein kreisförmiges Brett, auf dem die Ringe das universelle Wissen, Gott, den Glauben, die Schöpfung, die Harmonie der Taktiken, die alte Weisheit, die DNA des Schachs in der Geschichte der Menschheit darstellen. Und ebenso sind die abstrakten Figuren im islamischen Stil die chronologisch ältesten im Schach. Das Rundschach, Kreis- oder Zirkularschach ist auch bekannt als „al-Muddawara“, „ar Rumiya“ oder „byzantinisches Schach“. (Gollon, John (1969). Chess variations: Ancient, Regional and Modern. Tuttle Pub. p. 223)
Die Rundschach-Regeln
Überlieferung
Ein überliefertes Regelwerk für mittelalterliches Rundschach stammt wie gesagt aus dem Buch „Schatzkammer der Wissenschaften“ (1325) des persischen Autors Muhammad ibn Mahmud Amuli. In dieser Version, Shatranj al-Muddawara (Kreisschach) oder Shatranj ar-Rūmīya (römisches oder byzantinisches Schach) genannt, verwendet das Spiel ein Brett mit vier konzentrischen Ringen, die jeweils in 16 Felder unterteilt sind. Das Brett enthält somit 64 Quadrate. Die zugehörige algebraischen Notation zum runden Brett ist in Buchstaben von 4 Ringen ABCD und jedem Feld mit einer Zahl von 1 bis 16.
Eine Partie Schach wird wie bei den meisten Schachvarianten zwischen zwei Spieler*innen gespielt. Jede/r hat 16 Figuren. Der/die eine die weißen, und der/die andere die gegnerischen schwarzen zum Spielen. Ziel des Spiels ist wie beim heute modernen Schach auch, die Schachfiguren so zu positionieren – zu spielen – so dass sie den gegnerischen König schachmatt setzen und das Spiel beenden.
Die Figuren im Rundschach
Das Spiel verwendet die gleichen Figuren wie Shatranj. Der König und der Ratgeber stehen im inneren Ring nebeneinander. Im nächsten Ring stehen die „Elefanten“ (in Näherung vergleichbar mit den heutigen Läufern), im darauf folgenden Ring die Springer und im letzten Ring stehen die Türme.
Eine einzelne Reihe von 4 Bauern flankiert jede Seite der Mittelstücke. Der König der einen Seite steht dem Ratgeber der anderen Seite gegenüber. Die Figuren ziehen wie bei Shatranj.
Der König zieht also ein Feld in eine beliebige Richtung. Der Berater ein Feld auf seiner Farbe. Der Elefant zwei Felder in eine Richtung auf seiner Farbe. Der Springer wie im klassischen Schach. Der Turm ebenfalls wie im klassischen Schach, wobei er theoretisch auf seinem Ausgangsfeld landen könnte. Letzteres ist aber als Nullzug verboten.
Der Bauer zieht immer ein Feld vor. Er darf nur schräg schlagen. Anders als im orthodoxen Schach darf er aber aus der Startposition keine zwei Felder gehen. Eine Ausnahme bildet die Situation, wenn zwei Bauern derselben Farbe, die in entgegengesetzte Richtungen laufen, sich gegenseitig blockieren. Dann kann der Gegner beide Bauern entfernen, was nicht als Zug gezählt wird. Da es keine letzte Reihe gibt, gibt es auch keine Umwandlung von Bauern.
Spielende
Spielende ist normalerweise das Matt. Doch anders als im heutigen Schach ist auch ein Patt ein Sieg für den Patt-Spieler (und kein Unentschieden). Ein nackter König ist ein Verlust für den Spieler, der nur noch den König übrig hat, es sei denn, der Spieler kann in der nächsten Runde auch einen nackten König auferlegen (etwa durch zwei zu entfernende gegnerische Bauern). An diesem Punkt ist das Spiel unentschieden.
Einen passenden Spielplan kann man u.a. im Netz kaufen (Googlen nach „byzantinisches schach“, Anm.: Bitte Amazon vermeiden!).
Kurze Spielanleitung für Rundschach
Ziel des Spiels
Wie beim herkömmlichen Schach ist das Ziel, den gegnerischen König „schachmatt“ zu setzen. Der Spieler, der den gegnerischen König schachmatt setzt, gewinnt die Partie. (Die Unterscheidung zwischen Patt und Matt gibt es hier nicht.) Details dazu bei der Beschreibung des Königs weiter unten.
Grundlagen
In Rundschach gibt es einige Unterschiede zu den heutigen Schachregeln, die das Spiel auf den kreisförmigen Bahnen des Spielbretts interessant gestalten. Hier sind die Grundlagen, die du wissen musst, um loszulegen:
Das Spielbrett
- Das Rundschachbrett hat die gleiche Anzahl von Feldern (64) wie das herkömmliche Schachbrett, ist aber in Kreisbahnen angeordnet.
Die Figuren und ihre Züge
- Der König:
- Der König kann in jede Richtung ziehen, aber immer nur ein Feld weit.
- Er kann niemals ein bedrohtes Feld betreten, das heißt, er kann weder den gegnerischen König noch den Wesir (Dame) angreifen.
- Wenn der König angegriffen wird, hast du drei Möglichkeiten: Die angreifende Figur schlagen, eine andere Figur dazwischenstellen, die den König schützt, oder den König auf ein anderes sicheres Feld ziehen. Ist keine der drei Möglichkeiten möglich, so steht der König schachmatt.
- Falls außer dem König keine Figur mehr ziehen kann, und der König nur noch auf ein bedrohtes Feld ziehen könnte, so wäre der König beim orthodoxen Schach patt. Beim Rundschach ist er aber auch in dieser Position „Matt“ und das Spiel ist verloren. Einzige Ausnahme ist, wenn er noch ein sich blockierendes Bauernpaar des Gegners vom Brett nehmen kann (siehe unten), so dass nur noch beide Könige auf dem Brett stehen. Dann ist das Spiel unentschieden.
- Der Wesir (entspricht der heutigen Dame):
- Der Wesir zieht und schlägt nur diagonal, aber immer nur ein Feld weit.
- Der Läufer:
- Der Läufer kann maximal zwei Felder diagonal ziehen.
- Er darf dabei über andere Figuren springen.
- Der Springer:
- Der Springer zieht vom jeweiligen Standpunkt aus ein Feld vor und zwei zur Seite oder zwei Felder vor und eins zur Seite.
- Er kann über fremde und eigene Figuren springen.
- Der Turm:
- Der Turm zieht entweder quer zu den Kreisbahnen oder aber gerade auf den Kreisbahnen und kann auf freier Bahn bis zu dem Punkt ziehen, vor dem er gestartet ist. Ein Zug, der dem Aussetzen gleichkommt, ist verboten.
- Die Bauern:
- Die Bauern sind in zwei Gruppen mit je vier Figuren aufgeteilt.
- Sie ziehen vorwärts wie im regulären Schach, allerdings bewegt sich eine Gruppe im Uhrzeigersinn und die andere entgegen dem Uhrzeigersinn.
- Wenn Bauern derselben Farbe auf dem Spielbrett aufeinandertreffen und sich blockieren, kann der Gegner diese beiden Bauern vom Spielfeld entfernen, ohne dass es als regulärer Zug zählt.
- Die Bauern schlagen wie gewohnt schräg. Der Doppelschritt am Spielanfang entfällt.
Jetzt, da du die Grundlagen kennst, lade ich dich ein, das faszinierende Rundschach-Spiel zu genießen. Viel Spaß beim Spielen!
Fazit zum Rundschach
Aus heutiger Sicht ist am Rundschach vor allem schön, dass viele (wenn nicht alle) aus dem heutigen Schach bekannten Taktiken und Strategien nur sehr begrenzt oder nur mit viel Hirnschmalz übertragen werden können.
Dadurch entsteht ein ähnlicher Effekt wie seinerzeit beim Fischer-Schach, das der ehemalige Weltmeister Fischer ins Spiel brachte (Er konnte damit wieder mithalten, ohne gegen die übermächtige moderne Eröffnungstheorie seiner Nachfolger konkurrieren zu müssen.).
Rundschach ist auch für erfahrene Schachspieler*innen ein frisches Spiel mit all der Faszination des Neuen. Darüber hinaus strahlt es in meinen Augen besondere Schönheit und Perfektion aus.
SH 21.6.2022
Update SH Juli 2023
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