Vorweg
Im Schach bekommt jede/r Spieler*in auf einem Schachserver eine Wertungszahl. Diese liegt zwischen einigen Hundert bis hin zu über 3000 bei Online-Bullet-Spieler*innen. – Wie kann man aus einer Lichess Wertungszahl seine erwartete DWZ abschätzen? Geht das überhaupt?
Ursprünglich hatte die Weltorganisation des Schachs, die FIDE, ein ELO-System eingeführt. Diese ursprünglich recht strenge Bewertungsskala wurde mit den Jahrzehnten aufgeweicht, so dass heute auch jede/r Hobby-Spieler*in eine ELO-Zahl haben kann. Parallel dazu hatte der deutsche Schachbund aus seinem damaligen Ingo-System 1991/92 die heutige DWZ (Deutsche Wertungszahl) abgeleitet.
Auch Lichess vergibt für seine registrierten Spieler*innen eine Lichess Wertungszahl nach dem Elo-System. Es liegt nahe, Vergleiche zwischen den Zahlen anzustellen. Wie kann man da heran gehen?
Ein Vergleich
Das Wertungzahlsystem im Schach (FIDE ELO, DWZ, Lichess Wertungszahl u.ä.) beruht in aller Regel auf einer Berechnung nach Elo. Da die sich dabei ergebende Verteilung nicht linear, dynamisch und außerdem statistisch ist, kann es kein einfaches Offset geben, um von einem System ins andere um zu rechnen.
Im Netz kursiert aber z.B. ein Umrechnungsoffset von 250, um von seiner Lichess-Online-Blitzwertungszahl auf die DWZ zu kommen. Dass dies nicht stimmen kann, sieht man an einem einfachen Vergleich.
Nur 5% aller Schachspieler*innen auf Lichess haben eine Blitz-Lichess-Wertung über 2200. Wenn es tatsächlich ein einfaches Offset von 250 Punkten für die Umrechnung gäbe, so müssten auch nur etwa 5% der Schachspieler*innen beim deutschen Schachbund eine DWZ über 2200 – 250 = 1950 haben.
Tatsächlich aber haben 13,4% aller Schachspieler*innen mit DWZ Zahl eine DWZ über 1950. Man liegt mit der Offset-Schätzung also weit daneben. Umgekehrt haben nur 3,3% aller Schachspieler*innen mit DWZ Zahl eine DWZ über 2200.
Umrechnung Lichess Wertungszahl in DWZ?
In der Tat scheint es mir realistischer sich zu orientieren, wieviel Prozent der Schachspieler*nnen in einer Gruppe schlechter als man selber spielen. Dies gibt eine ungefähre Richtschnur an. Die folgende Tabelle gibt einige markante Eckdaten für DWZ-Zahlen (Stand 04.2022) an:
DWZ | Besser als Y% |
---|---|
2864 | 100,00 |
2779 | 99,99 |
2640 | 99,90 |
2390 | 99,0 |
2125 | 95 |
2005 | 90 |
1928 | 85 |
1861 | 80 |
1752 | 70 |
1654 | 60 |
1559 | 50 |
1461 | 40 |
1348 | 30 |
1202 | 20 |
985 | 10 |
843 | 5 |
533 | 0 |
Die beste DWZ hat aktuell Weltmeister Magnus Carlsen mit 2864. Er ist entsprechend besser als 100% der DWZ-Träger*innen. Die schlechteste überhaupt geführte DWZ ist 533. Nun sieht das zugehörige Liniendiagramm zu dieser „DWZ-Population“ so aus:
Es gibt wie erwartet eine klassische Elo-Verteilung wieder. Für andere Gruppen mit einer entsprechend berechneten Wertungszahl ist diese Kurve in x-Richtung entsprechend gestreckt oder gestaucht. Für Lichess findet man sie hier. Dort kann man auch die eigene Position anhand seiner Lichess Wertungszahl ablesen, wenn man dort mit seinem Lichess-Account angemeldet ist, und bereits genug Wertungsspiele gespielt hat.
Nimmt man nun den Prozentsatz Y schlechterer Spieler abgelesen aus den genannten Graphen, so kann man seine Zahl in etwa von einem ins andere System übertragen.
Aktuell haben beim deutschen Schachbund etwa 68.000 Spieler*innen eine DWZ. Auf Lichess spielen währenddessen etwa 660.000 Schachspieler*innen online Blitzschach. Das ist grob ein Faktor zehn Unterschied. Natürlich ist der Schachbund national, Lichess aber international aufgestellt. Auch darüber hinaus vergleicht man hier eigentlich Äpfel mit Birnen. Nämlich klassisches Wettkampfschach einerseits und Onlineblitzschach andererseits.
Man kann eine Umrechnung sicherlich nicht verallgemeinern. Dennoch ist Schach vor allem Übungssache. Wer viel studiert, trainiert und spielt, wird entsprechend relativ besser.
Fazit zur Lichess Wertungszahl
Wie gut man seine Spielpraxis bei Lichess (und damit seine Lichess Wertungszahl) in Turnier- oder Wettkampfschach beim Schachbund umsetzen kann, hängt von sehr vielen Faktoren ab. Diese sind m.E. sehr persönlich.
Da eine Wettkampfpartie beim Schachbund verglichen mit einer Online- Blitzpartie zu Hause sehr lange dauert und aufwendig ist, wird man entsprechend weniger Partien beim Schachbund spielen können. Das wirkt sich beträchtlich aus. Dadurch dass damit der einzelnen Partie ein viel größeres Gewicht zukommt, gehört hier also auch eine Portion Glück dazu. So z.B. das, was man mit „Tagesform“ meint. Ausgeglichenere Charaktere mit geringeren Tagesschwankungen haben hier einen Vorteil. Für sie ist eine geringere Statistik nicht tragisch.
Das Wichtigste bleibt am Ende dabei: Schach macht Spaß, für jung und alt! – Deshalb: Allzeit gut Holz! 😉
SH, April 2022
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