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Umrechnung von Lichess Wertungszahl in DWZ

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Umrechnung von Lichess Wertungszahl in DWZ

Vorweg

Im Schach bekommt jede/r Spieler*in auf einem Schachserver eine Wertungszahl. Diese liegt zwischen einigen Hundert bis hin zu über 3000 bei Online-Bullet-Spieler*innen. – Wie kann man aus einer Lichess Wertungszahl seine erwartete DWZ abschätzen? Geht das überhaupt?

Ursprünglich hatte die Weltorganisation des Schachs, die FIDE, ein ELO-System eingeführt. Diese ursprünglich recht strenge Bewertungsskala wurde mit den Jahrzehnten aufgeweicht, so dass heute auch jede/r Hobby-Spieler*in eine ELO-Zahl haben kann. Parallel dazu hatte der deutsche Schachbund aus seinem damaligen Ingo-System 1991/92 die heutige DWZ (Deutsche Wertungszahl) abgeleitet.

Auch Lichess vergibt für seine registrierten Spieler*innen eine Lichess Wertungszahl nach dem Elo-System. Es liegt nahe, Vergleiche zwischen den Zahlen anzustellen. Wie kann man da heran gehen?

Ein Vergleich

Das Wertungzahlsystem im Schach (FIDE ELO, DWZ, Lichess Wertungszahl u.ä.) beruht in aller Regel auf einer Berechnung nach Elo. Da die sich dabei ergebende Verteilung nicht linear, dynamisch und außerdem statistisch ist, kann es kein einfaches Offset geben, um von einem System ins andere um zu rechnen.

Im Netz kursiert aber z.B. ein Umrechnungsoffset von 250, um von seiner Lichess-Online-Blitzwertungszahl auf die DWZ zu kommen. Dass dies nicht stimmen kann, sieht man an einem einfachen Vergleich.

THE QUEEN’S GAMBIT (L to R) ANYA TAYLOR-JOY as BETH HARMON and MARCIN DOROCINSKI as VASILY BORGOV in episode 107 of THE QUEEN’S GAMBIT Cr. PHIL BRAY/NETFLIX © 2020

Nur 5% aller Schachspieler*innen auf Lichess haben eine Blitz-Lichess-Wertung über 2200. Wenn es tatsächlich ein einfaches Offset von 250 Punkten für die Umrechnung gäbe, so müssten auch nur etwa 5% der Schachspieler*innen beim deutschen Schachbund eine DWZ über 2200 – 250 = 1950 haben.

Tatsächlich aber haben 13,4% aller Schachspieler*innen mit DWZ Zahl eine DWZ über 1950. Man liegt mit der Offset-Schätzung also weit daneben. Umgekehrt haben nur 3,3% aller Schachspieler*innen mit DWZ Zahl eine DWZ über 2200.

Umrechnung Lichess Wertungszahl in DWZ?

In der Tat scheint es mir realistischer sich zu orientieren, wieviel Prozent der Schachspieler*nnen in einer Gruppe schlechter als man selber spielen. Dies gibt eine ungefähre Richtschnur an. Die folgende Tabelle gibt einige markante Eckdaten für DWZ-Zahlen (Stand 04.2022) an:

DWZBesser als Y%
2864100,00
277999,99
264099,90
239099,0
212595
200590
192885
186180
175270
165460
155950
146140
134830
120220
98510
8435
5330

Die beste DWZ hat aktuell Weltmeister Magnus Carlsen mit 2864. Er ist entsprechend besser als 100% der DWZ-Träger*innen. Die schlechteste überhaupt geführte DWZ ist 533. Nun sieht das zugehörige Liniendiagramm zu dieser “DWZ-Population” so aus:

Hilfe zum Vergleich von DWZ mit der Lichess Wertungszahl

Es gibt wie erwartet eine klassische Elo-Verteilung wieder. Für andere Gruppen mit einer entsprechend berechneten Wertungszahl ist diese Kurve in x-Richtung entsprechend gestreckt oder gestaucht. Für Lichess findet man sie hier. Dort kann man auch die eigene Position anhand seiner Lichess Wertungszahl ablesen, wenn man dort mit seinem Lichess-Account angemeldet ist, und bereits genug Wertungsspiele gespielt hat.

Nimmt man nun den Prozentsatz Y schlechterer Spieler abgelesen aus den genannten Graphen, so kann man seine Zahl in etwa von einem ins andere System übertragen.

Aktuell haben beim deutschen Schachbund etwa 68.000 Spieler*innen eine DWZ. Auf Lichess spielen währenddessen etwa 660.000 Schachspieler*innen online Blitzschach. Das ist grob ein Faktor zehn Unterschied. Natürlich ist der Schachbund national, Lichess aber international aufgestellt. Auch darüber hinaus vergleicht man hier eigentlich Äpfel mit Birnen. Nämlich klassisches Wettkampfschach einerseits und Onlineblitzschach andererseits.

Man kann eine Umrechnung sicherlich nicht verallgemeinern. Dennoch ist Schach vor allem Übungssache. Wer viel studiert, trainiert und spielt, wird entsprechend relativ besser.

Fazit zur Lichess Wertungszahl

THE QUEEN’S GAMBIT (L to R) MATTHEW DENNIS LEWIS as MATT, RUSSELL DENNIS LEWIS as MIKE, HARRY MELLING as HARRY BELTIK, and ANYA TAYLOR-JOY as BETH HARMON in episode 102 of THE QUEEN’S GAMBIT Cr. COURTESY OF NETFLIX © 2020

Wie gut man seine Spielpraxis bei Lichess (und damit seine Lichess Wertungszahl) in Turnier- oder Wettkampfschach beim Schachbund umsetzen kann, hängt von sehr vielen Faktoren ab. Diese sind m.E. sehr persönlich.

Da eine Wettkampfpartie beim Schachbund verglichen mit einer Online- Blitzpartie zu Hause sehr lange dauert und aufwendig ist, wird man entsprechend weniger Partien beim Schachbund spielen können. Das wirkt sich beträchtlich aus. Dadurch dass damit der einzelnen Partie ein viel größeres Gewicht zukommt, gehört hier also auch eine Portion Glück dazu. So z.B. das, was man mit “Tagesform” meint. Ausgeglichenere Charaktere mit geringeren Tagesschwankungen haben hier einen Vorteil. Für sie ist eine geringere Statistik nicht tragisch.

Das Wichtigste bleibt am Ende dabei: Schach macht Spaß, für jung und alt! – Deshalb: Allzeit gut Holz! 😉

SH, April 2022


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Kommentare

6 Antworten zu „Umrechnung von Lichess Wertungszahl in DWZ“

  1. Avatar von Sven
    Sven

    Lieber Schachfreund Peter,

    vielen Dank für Deinen sehr konstruktiven Kommentar. 🙂 Ein paar Dinge möchte ich gerne aufgreifen, die bei genauerem Lesen teilweise auch schon in meinem Beitrag oben stehen:

    1. Durch einen Prozentvergleich mit anderen Spieler*innen aus den genannten Graphen kann man in etwa einen Transfer von einem ins andere System bewerkstelligen. Wichtig hier: “in etwa”. Die Spielstärke kann man m.E. nur als de fakto “gleich” ansehen, wenn zwei Spieler*innen in einem System in etwa die gleiche Wertungszahl haben. So ist ja auch gerade das ELO-Wertungszahlsystem angelegt.
    2. Dass auf einem Schachserver im Mittel mehr Hobbyspieler*innen spielen, als z.B. im DSB ist auch nur eine Annahme. Als Impuls dazu fällt mir ein, dass ich persönlich in meiner 40-jährigen Zeit in Vereinen gegen nur sehr wenige Bundesligaspieler*innen spielen durfte, ich bei Lichess.org aber in sehr wenigen Jahren schon gegen viele GMs spielen konnte (=> Internationalität, mehr Kontakte durch Virtualität)
    3. So wie mir die “Offset-Theorie” bisher (z.B. in den sozialen Netzwerken wie Facebook u.ä.) begegnet ist, war dort immer von einem einfachen additiven Offset die Rede. Dass dies aber nicht stimmen kann, sieht man m.E. leicht an den im Beitrag genannten Argumenten.
    4. Ich kann mir aber sehr wohl vorstellen, dass man von einem in ein anderes System umrechnen könnte, allerdings nicht ohne deutlich mehr über die jeweiligen Spielergruppen zu wissen. Da i.d.R. beide verglichenen Gruppen sehr groß sind, mitteln sich viele Effekte weg.
    5. Es gibt auch in den organisierten Vereinen sehr viele Hobbyspieler*innen.

    Trotzdem nochmal: Vielen Dank für Deinen Kommentar! Es bleibt am Ende vieles Theorie, ob Offset oder eben keines u.a. Und selbst am Brett, der Schachpraxis pur, ist es zunächst nur ein Wunsch, dass die/der Bessere gewinne.

    Gut Holz

    Sven

  2. Avatar von Peter
    Peter

    Vielen Dank für den interessanten Artikel und die Datenaufbereitung und Links. Allerdings denke ich nicht, dass die “Offset-Theorie” damit widerlegt ist. Du gehst implizit davon aus, dass die erforderliche Spielstärke, mit der man besser als 95% aller Spieler wäre, in beiden Systemen gleich ist. Das lässt sich aber aus den Daten nicht ablesen.
    Für die Offset-Theorie spricht folgende Überlegung. Der Anteil der Hobby-Spieler ist in Lichess im Vergleich zum DWZ sehr viel größer, und Hobbyspieler spielen einfach nicht so stark wie organisierte Vereinsspieler. Schaut man sich nun einmal den Median-Spieler in beiden Systemen an, also der Spieler der besser ist als die untere Hälfte und schwächer als die obere Hälfte, dann liegt die Annahme schon nahe, dass der Medianspieler im DWZ-System stärker ist als der Median-Spieler in Lichess. Dieser Spielstärkeunterschied gibt einen Hinweis auf den Offset.

  3. Avatar von Sven
    Sven

    Lieber Schachfreund Jonathan,

    vielen Dank für Deinen interessanten Einwand. Ich finde ihn dennoch nicht überzeugend.

    Zum einen scheinst Du nicht zu sehen, dass die Wertungszahl (einmal Lichess, einmal DWZ) sich immer nur auf die betrachtete Gruppe bezieht. Sogesehen macht gerade eben nur ein prozentualer Vergleich Sinn. Ein konstantes Offset ist rein hypothetisch. Meine Argumentation im Beitrag zielt darauf ab, die These von dem Offset “250 Punkte” zu widerlegen, was mir aufgrund der Datenlage in beiden Gruppen (Lichess und DWZ) auch gelingt.

    Zum anderen aber machst Du m.E. einen sehr grundlegenden Fehler, weil Du das, was Du zeigen willst (es gäbe ein Offset von 250 Punkten, sprich: gute Spieler*innen im DSB seien im Schnitt besser als gute Spieler*innen auf einem Online-Server, hier: https://Lichess.org) als Annahme mit in Deine Argumentation hinein gibst. So kommt es zu Logik Fehlern, die Dein Argument sogleich entkräften.

    Jede/r kann natürlich glauben, was er mag. Nur stehen eben manche Annahmen im logischen Widerspruch zur Sachlage: die Wertungszahlverteilungen von Lichess.org und DSB sind ja öffentlich.

    Darüber hinaus kann ich auch nicht nachvollziehen, wieso “viele schwächere Spieler*innen” den “Anteil der Spieler*innen mit über 2200” reduzieren sollten? Eine Wertungszahl ist eben nicht absolut. Vielmehr zeigt eine ELO-Zahl-Verteilung (siehe Link) immer die gleiche Form, unabhängig von der betrachteten Gruppe, vorausgesetzt die Gruppe ist groß genug.

    Herzliche s(ch)achliche Grüße

    Sven

  4. Avatar von Jonathan Wetterau
    Jonathan Wetterau

    Der “einfache Vergleich” bei dem nur 5 Prozent aller Spieler eine Zahl von über 2200 haben und 13 Prozent aller Spieler mit dwz eine dwz von über 1950 haben ist nicht aussagekräftig, weil Spieler mit dwz bei lichess in der Regel zu den Stärkeren Spielern gehören und bei lichess sehr viele schwächere Spieler ohne DWZ hinzukommen die den Prozent Anteil der Spieler mit über 2200 erheblich reduzieren.

  5. Avatar von Sven
    Sven

    Lieber Schachfreund Gerhard,

    danke für Deinen Kommentar. Jede/r hat natürlich dabei ihr/sein eigenes Bauchgefühl. Auch findet man persönlich meistens die Spieler*innen auf dem eigenen Schachserver am stärksten, was objektiv sicherlich falsch ist. Noch gibt es glücklicherweise kein Monopol bei den Schachservern. Dass eine Umrechnung von einem Wertungssystem in ein anderes nicht einfach gehen kann, habe ich ja oben erläutert. Dass Deine Vermutung falsch ist, habe ich explizit oben in diesem Abschnitt widerlegt.

    Es gibt aktuell sehr viele, sehr gute und ambitionierte neue Spieler*innen, die bisher nur im Netz gespielt haben. Auch gibt es viele, die während der Pandemie online weiter gespielt haben, und sich dort enorm verbessert haben. Bei denen stimmt sicherlich die DWZ nicht mehr mit ihrer eigentlichen Spielstärke überein. Da mag es durchaus sein, dass man “Punkte abziehen muss” um auf die aktuelle DWZ zu kommen. Der Punkt ist aber, dass eben genau die DWZ allgemein durch Corona und einen riesigen Ansturm neuer Spieler*innen kaum noch aussagekräftig ist. Wertungszahlen sind eben relativ in ihrem jeweilgen System.

    So lange es keinen erquicklichen Spielbetrieb gibt mit Turniermöglichkeit für alle etc. wird die DWZ auch nicht die Spielstärke der Spieler*innen korrekt wieder geben. Das gilt sowohl für neue als auch erfahrene Spieler*innen. Aktuell sind alle Turniere stark begrenzt, da zum Einen Corona die Teilnehmerzahl einschränkt, und zum Anderen deutlich mehr Menschen “in Echt” spielen wollen als vor der Pandemie. Hoffentlich lebt der Spielbetrieb wieder richtig auf! 🙂

    Viele Grüße und gut Holz!

    Sven

  6. Avatar von Gerhard

    Meiner Meinung nach kann man mindestens 250 Punkte von seiner Lichesszahl abziehen, um auf seine aktuelle DWZ zu kommen.

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